Mit der Einführung der CSRD-Berichterstattung durch die Europäische Union wird Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Pflichtbestandteil unternehmerischer Kommunikation. Die CSRD ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und verpflichtet deutlich mehr Unternehmen, über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) zu berichten.
Im Zentrum dieser neuen Anforderungen stehen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Sie bilden den methodischen und inhaltlichen Rahmen für die Berichterstattung gemäß CSRD-Berichterstattung. Unternehmen müssen künftig nicht nur nachhaltigkeitsbezogene Informationen offenlegen, sondern diese auch auf standardisierte Weise darstellen – gemäß ESRS.
Die Rolle der ESRS im Rahmen der CSRD-Berichterstattung
Die ESRS wurden von der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) entwickelt, um eine einheitliche Berichterstattung zu ermöglichen, die vergleichbar, nachvollziehbar und prüfbar ist. Sie definieren sowohl allgemeine Anforderungen als auch spezifische Themenbereiche und Indikatoren, die Unternehmen in ihre Berichterstattung aufnehmen müssen.
Die Standards gliedern sich in drei Kategorien:
Übergreifende Standards (Cross-cutting Standards)
Thematische Standards (Environmental, Social, Governance)
Branchenspezifische Standards (in Vorbereitung)
Überblick über die übergreifenden Standards (ESRS 1 und ESRS 2)
Die übergreifenden Standards gelten für alle berichtspflichtigen Unternehmen, unabhängig von Branche oder Unternehmensgröße:
ESRS 1 – Allgemeine Anforderungen:
Dieser Standard beschreibt die Prinzipien, Konzepte und Anforderungen für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts. Dazu gehören u. a. der Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit (Double Materiality), die Berichtspflichten über die gesamte Wertschöpfungskette sowie die Einhaltung von zeitlicher Konsistenz und Vergleichbarkeit.ESRS 2 – Allgemeine Angaben:
Unternehmen müssen hier Informationen über ihre Governance-Strukturen, Strategien, Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit offenlegen. Besonders betont wird die Integration von ESG-Themen in die Unternehmensstrategie.
Thematische ESRS: Umwelt, Soziales und Governance
Die thematischen Standards strukturieren die Berichterstattung entlang der drei ESG-Säulen:
Umweltstandards (E-Standards)
ESRS E1 – Klimawandel: Offenlegung von Emissionen, Klimarisiken, Reduktionszielen und Anpassungsmaßnahmen.
ESRS E2 – Umweltverschmutzung: Informationen zu Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung sowie deren Vermeidung.
ESRS E3 – Wasser- und Meeresressourcen: Umgang mit Wasserverbrauch und Auswirkungen auf Meeresökosysteme.
ESRS E4 – Biodiversität und Ökosysteme: Schutzmaßnahmen, Risiken und Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen.
ESRS E5 – Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft: Angaben zu Materialeffizienz, Abfallmanagement und zirkulären Geschäftsmodellen.
Soziale Standards (S-Standards)
ESRS S1 – Eigene Arbeitskräfte: Arbeitsbedingungen, Diversität, Gleichstellung, Weiterbildung und Gesundheitsschutz.
ESRS S2 – Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette: Rechte und Arbeitsbedingungen von Lieferanten und Dienstleistern.
ESRS S3 – Betroffene Gemeinschaften: Auswirkungen auf lokale Bevölkerung, Menschenrechte und Einbindung in Entscheidungen.
ESRS S4 – Verbraucher und Endnutzer: Produktsicherheit, Datenschutz, faire Marketingpraktiken.
Governance-Standards (G-Standards)
ESRS G1 – Unternehmensverhalten: Geschäftsethik, Antikorruption, Lobbying, Risikomanagement, Vergütungssysteme und Whistleblower-Systeme.
Bedeutung der doppelten Wesentlichkeit
Ein zentrales Konzept der CSRD und ESRS ist die doppelte Wesentlichkeit. Unternehmen müssen einerseits offenlegen, wie sich Nachhaltigkeitsthemen auf ihre finanzielle Lage auswirken (Outside-In-Perspektive), und andererseits, wie sie selbst Umwelt und Gesellschaft beeinflussen (Inside-Out-Perspektive). Dieses Prinzip hebt die CSRD-Berichterstattung von anderen Rahmenwerken wie TCFD oder SASB ab.
Herausforderungen und Chancen für Unternehmen
Die Umsetzung der ESRS stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen, insbesondere bei der Datenerhebung entlang komplexer Lieferketten oder bei der Integration in bestehende Reporting-Prozesse. Gleichzeitig bietet die strukturierte Herangehensweise der ESRS die Chance, ESG-Leistungen systematisch zu verbessern und Stakeholdern transparente, vergleichbare Informationen zu liefern.
Zukünftige Entwicklungen: Branchenspezifische ESRS und KMU-Standards
Aktuell arbeiten die EU-Institutionen und die EFRAG an branchenspezifischen ESRS, die auf die Besonderheiten einzelner Sektoren zugeschnitten sind (z. B. Energie, Landwirtschaft, Finanzwesen). Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind ebenfalls vereinfachte Standards in Planung, da sie ab 2026 bzw. 2028 ebenfalls unter die CSRD fallen können – direkt oder indirekt über Wertschöpfungsketten großer Unternehmen.
Fazit
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind das Rückgrat der neuen CSRD-Berichterstattung. Sie legen klare, überprüfbare Anforderungen für Unternehmen fest und fördern eine transparente, konsistente ESG-Kommunikation innerhalb der EU. Wer sich frühzeitig mit den ESRS auseinandersetzt, legt den Grundstein für eine effiziente und vertrauenswürdige CSRD-Berichterstattung. Für Unternehmen bedeutet dies nicht nur eine regulatorische Verpflichtung, sondern auch eine strategische Chance, Nachhaltigkeit glaubwürdig zu verankern.
